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Vom Suchen und Finden

  • Autorenbild: Ulrike
    Ulrike
  • 28. Okt. 2024
  • 6 Min. Lesezeit

Vor einigen Tagen lag sie in unserem Briefkasten. Die erste Ausgabe eines Probe-Abos  der Zeitung „Die Zeit“. Wer eine Ausgabe dieser Zeitung schon mal in der Hand hatte weiß, „Die Zeit“ braucht Zeit. Aus dem Strauß an Themen und der Fülle der Artikel, die sehr angenehm geschrieben und gut zu lesen sind, hat mich einer besonders angesprochen: „Wie finde ich Sinn“.


Das ist ein sehr großes Thema mit dem sich Wissenschaftler und Psychologen auf der ganzen Welt befassen. Es werden Studien gemacht und viele Bücher geschrieben. Und sogar diese Zeitung hat ein eigene Abteilung, das „Sinn-Ressort“. Es gibt so viele Möglichkeiten sich diesem Thema zu nähern, hier kann ich natürlich nur eine klitzekleine, durch mein Leben erfahrene Annäherung bieten und zum selber Nachdenken ermuntern!


Klar spüre ich einen Sinn im Leben, sage ich mir, als ich die Überschrift des Artikels lese. Ich habe drei Kinder ins Leben begleitet. Zurzeit  fühle ich mich an meinem Arbeitsplatz gebraucht, weil ich Menschen begegne,  zu deren Themen ich hilfreiche Tipps geben kann und ich freue mich, wenn meine Kunden zufrieden das Reformhaus verlassen. Mit meinem Mann  zusammen erlebe ich immer wieder Neues und kann alte Muster verlassen und meine selbstgewählten Grenzen auch mal überwinden. Zusammen mit unseren Glaubensgeschwistern erleben und beleben wir unsere kleine Gemeinschaft hier in Norddeutschland, die wir weiterentwickeln wollen.

Und mein Verhältnis zu Gott würde ich als stabil und belastbar beschreiben. Mein Glaube gibt mir Sinn und in den letzten Jahren ist da auch noch Jesus dazugekommen, der mir als Freund zur Seite steht, mir Orientierung gibt.

Trotzdem fühle ich mich nicht „fertig“. Der Sinn meines Daseins wandelt sich. Es gibt Phasen, da ist nichts greifbar. Durch persönliche Erlebnisse und Verluste, durch äußere Ereignisse, wie Wahlen, Kriege und Umweltthemen, kommen Fragen auf. Fragen die nicht die Probleme der Welt im Großen und Ganzen beleuchten, sondern mit mir selbst zu tun haben. Wo stehe ich als einzelner Mensch in diesem ganzen Gefüge? Was mache ich? Wo werde ich gebraucht? Für was stehe ich ein?

 

Die Antworten auf diese Fragen, so lese ich es in besagtem Artikel, sind meine persönlichen Antworten auf die Sinnfrage.

Wie passend, dass das Wort „Sinn“ aus dem indogermanischen Wortstamm „sent“ kommt. Hier geht es darum „eine Richtung einzuschlagen oder eine Fährte zu suchen“. Das kann sich auf dem Weg verändern. Sinn ist dynamisch, nicht etwas, was ich einmal gefunden habe und mein ganzes Leben lang statisch einfach nur besitze.


Und hier kommt mir ein Beispiel aus der Bibel in den Sinn, das ich jetzt versuche anhand der vier Merkmale für „Sinn“ zu  beleuchten. Vorletzten Sonntag durfte ich eine kleine Kindergruppe  mit der Geschichte von Ruth vertraut machen. Schnell im Alten Testament zu finden, füllt sie mit ihrer Geschichte ein eigenes Buch.

Im Laufe der Geschichte lernen wir Ruth immer besser kennen und erkennen, wie sie lebt, was für sie Sinn macht und wie sie damit umgeht.


Orientierung

Ruth hatte ihren Schwiegervater, Schwager und ihren Mann verloren. Eine große Tragik, die bestimmt auf den Verbliebenen lastete. Als dann Naomi beschloss wieder zurück in ihre Heimat nach Bethlehem zu ziehen, gingen zunächst beide Schwiegertöchter mit. An der Grenze von Moab zu Israel bekannte Ruth, für was sie steht und zeigte ihre Sicht der Dinge:

Aber Ruth erwiderte: »Besteh nicht darauf, dass ich dich verlasse! Ich will mich nicht von dir trennen. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, will ich auch sterben und begraben werden. Nur der Tod kann mich von dir trennen; wenn ich dieses Versprechen nicht halte, soll der HERR mich hart bestrafen! (Ruth 1,16+17)

Hier sprach eine junge Witwe, die gerade im Begriff war, in ein ihr fremdes Land auszuwandern mit der klaren Botschaft: Ich lasse dich nicht alleine Naomi, und den Glauben an den Gott Israels habe ich kennengelernt und angenommen und nun ist das meine neue Heimat, auch wenn ich nicht einschätzen kann, was auf mich zukommt. Ganz schön mutig! Sie möchte dieses neue Leben leben, diese neuen Wege gehen. Das machte sie bedeutend für Naomi, für ihre Mitmenschen, für Boas und für Gott.


Bedeutung

Sie sah, dass sie gebraucht wird. Naomi war alleine und mit ihr zusammen wollte sie einen Neuanfang wagen. In Bethlehem angekommen, hieß man die beiden willkommen und fragte sich sicherlich, was bewegt eine junge, ausländische Frau zu solch einem großen Schritt. Schnell sahen alle, dass Ruth sich einbrachte. Sie ging Gerstenähren nachsammeln, ganz selbstständig und ohne Scheu machte sie sich mit ihrer neuen Umgebung vertraut. Das wird, finde ich, in den Worten von Boas an Ruth deutlich:

Da warf Ruth sich vor ihm nieder und fragte: »Womit habe ich das verdient? Warum beachtest du mich, obwohl ich eine Ausländerin bin?« Boas antwortete: »Man hat mir berichtet, wie du seit dem Tod deines Mannes deiner Schwiegermutter beigestanden hast. Deine Eltern und dein Land hast du verlassen und dich einem Volk angeschlossen, das du vorher nicht kanntest. Du bist zum HERRN, dem Gott Israels, gekommen, um bei ihm Schutz und Zuflucht zu finden. Möge er alle deine Taten reich belohnen!« (Ruth 2, 10-12)

Dadurch fühlte sie sich zugehörig.


Zugehörigkeit

Der Weg, den Ruth eingeschlagen hatte, ließ sie ihren Platz in der Welt finden. Sie erlebte Wertschätzung und Anerkennung. Boas kümmerte sich um sie, gab ihr genug zu essen, wies seine Arbeiter an, sie nicht zu belästigen und ihr genug zum Sammeln zu lassen.

Da sagte sie: »Mein Herr, ich danke dir für deine große Freundlichkeit! Deine Worte geben mir Mut und Hoffnung. Du schenkst mir deine Gunst, obwohl ich doch viel geringer als deine Mägde bin.« (Ruth 2, 13)

Und noch etwas fällt auf. Ruth konnte ihre Erfahrungen umsetzen.


Kohärenz  (Die Fähigkeit, dass man die Zusammenhänge des Lebens versteht. · Die Überzeugung, dass man das eigene Leben gestalten kann – Wikepedia)

Von ihrer Schwiegermutter wusste sie, dass Boas ein naher Verwandter war, der sich nach jüdischer Tradition um sie kümmern sollte. Um herauszufinden, ob Boas das auch so sah, legte sie sich eines Nachts zu seinen Füssen. Jetzt konnte sie ihn unter vier Augen fragen, ob er sie zur Frau nehmen wollte. Wieder mutig: Ruth fragte Boas, nicht Boas Ruth. Und seine Antwort war bezeichnend. Es ist auch ihm aufgefallen, wie Ruth sich verhält und für was sie steht.

»Der HERR segne dich!«, rief Boas. »Jetzt zeigst du noch viel mehr als bisher, wie sehr dir die Familie deiner Schwiegermutter am Herzen liegt! Du bist nicht den jungen Männern nachgelaufen, obwohl du sicher auch einen wohlhabenden hättest finden können. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich werde deine Bitte erfüllen. Jeder hier in Bethlehem weiß, dass du eine ehrbare junge Frau bist. (Ruth 3,10+11)

Soweit die Geschichte von Ruth, der Ausländerin, die ein neues Leben mit Gott anfängt. Sie hinterlässt Spuren. Aus einer traurigen Naomi, wird eine fröhliche Großmutter, die ihren Enkel Obed aufwachsen sieht.


Bildquelle: pixabay von panosbp


Nicht in jeder Lebensphase kann ich alle vier Aspekte von sinnerfülltem Leben 100%ig erfüllen. Mal bin ich am Zweifeln, Verzweifeln und mache mich kleiner als nötig. Gestehe ich mir das ein, bin ich schon auf dem Weg. Die Sinnsuche kann weitergehen. Das Schwierige dabei ist, das es so viele Wahlmöglichkeiten gibt. Das Gute, und das passt zu meiner Selbstverantwortlichkeit in meinem Glauben: ich kann selbstbestimmt und eigenverantwortlich entscheiden, was mein Lebenssinn beinhaltet.


Es gibt sogenannte „Sinnquellen“ heißt es im Artikel, das sind 26 Orientierungen, wie die empirische Sinnforschung herausgefunden hat. Wie divers und kontrovers das sein kann zeigt die Aufzählung: Woraus schöpfe ich Sinn? Aus Religiosität oder Spiritualität? Aus sozialem Engagement, aus Naturverbundenheit, aus Selbsterkenntnis, Gesundheit oder aus der Erkenntnis, Liebe in die Zukunft zu tragen (Generativität). Ist es die Herausforderung, der Individualismus, die Macht, Entwicklung, Leistung, Freiheit, das Wissen oder die Kreativität? Sehe ich den Sinn in der Tradition, Bodenständigkeit, Moral oder der Vernunft? Oder spielt die Gemeinschaft, der Spaß, die Liebe, Wellness, Fürsorge, bewusstes Erleben und Harmonie eine Rolle. ( *)

Die Wissenschaftler empfehlen mehrere Quellen anzuzapfen. Aus Studien ergibt sich, dass die zuverlässigste der 26 Sinnquellen die Generativität ist.

Sperriges Wort für etwas, das mir als Christ wohlvertraut ist: „ Die Liebe in die Zukunft tragen“, so wird es vom Erfinder des Wortes (Entwicklungspsychologe Erik H. Erikson *) definiert. In meinen Worten: Gelebte Nächstenliebe!

Lebt nach dem wichtigsten Gebot in Gottes Reich: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!« Wenn ihr das in die Tat umsetzt, handelt ihr richtig. (Jakobus 2,8)

Das Fazit des Zeitungsartikels überzeugt auch mich. Die Schreiber weisen darauf hin, dass Sinn zwar eine ganz persönliche Erfahrung ist, die jeder Einzelne für sich alleine machen und erleben kann. In Lebensphasen, wo es einem nicht so gut geht, kommt man zu der Überlegung: wie kann ich mir etwas Gutes tun? Im Prinzip sinnvoll, und ich kann noch weiter denken und mich umschauen und fragen, was gibt es zu tun und wie kann ich für andere da sein?

Und dann hatte ich vor ein paar Tagen auch noch diesen Teebeutel in meiner Tasse… :)




 

Das erfüllt mich! Danke Gott! Danke Jesus, dass du mir soviel Nächstenliebe vorgelebt hast! Danke Ruth, dass du mir ein mutiges Beispiel hinterlassen hast! Ich wünsche euch eine Woche mit sinnvollen Erlebnissen!

 

Eure Ulrike

 

*Quelle: Artikel in der Ausgabe N°44 „Die Zeit“ vom 17.10.2024


Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.

 

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