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AutorenbildIngo

Sie ist tot

Aktualisiert: 6. Aug.

Ende

 

Vor gut drei Wochen konnte ich meine Schwester besuchen. Gezeichnet von Krankheit, in einem unpersönlichen Krankenhauszimmer, hielt und strich ich ihre Hand und hörte ihren noch so klaren Gedanken zu.

Gab es noch eine kleine Hoffnung?

Wenigstens ein paar Tage Erleichterung?

Eine witzige Bemerkung über die Zimmergenossen - aber nicht auf ihre Kosten.

Im Gegenteil.

Sie machte sich noch Sorgen, ob er es schaffen würde.

Sie wollte noch mehr Leben. Das nahm ich mit.

Sie bestand darauf, dass wir uns mit einem "Auf Wiedersehen" verabschiedeten.

 

Auf dem Rückweg dachte ich an diese Aussage von Jesus.

Zu der Zeit betete Jesus: »Mein Vater, Herr über Himmel und Erde! Ich preise dich, dass du die Wahrheit über dein Reich vor den Klugen und Gebildeten verborgen und sie den Unwissenden enthüllt hast. Ja, Vater, das war dein Wille, so hat es dir gefallen. Mein Vater hat mir alle Macht gegeben. Nur der Vater kennt den Sohn. Und nur der Sohn kennt den Vater und jeder, dem der Sohn ihn offenbaren will. Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben. Vertraut euch meiner Leitung an und lernt von mir, denn ich gehe behutsam mit euch um und sehe auf niemanden herab. Wenn ihr das tut, dann findet ihr Ruhe für euer Leben. Das Joch, das ich euch auflege, ist leicht, und was ich von euch verlange, ist nicht schwer zu erfüllen.« (Matthäus 11,25-30)

 

 

Tod

 

Der Tod kam nach drei Tagen.

Ihr Leben war zu Ende.

Sie starb im Krankenhausbett.

Ihr lieber Mann war bis zum Ende bei ihr.

Nur langsam nahm diese Tatsache Raum ein in meinen Gedanken. Viele Emotionen erreichten mich.

Ich war wütend, enttäuscht, fassungslos, erleichtert und manchmal auch leer.

Es war endschieden.

David, der zweite König Israels reagierte beim frühen Tod seines Sohnes so.

Nach diesen Worten ging Nathan wieder nach Hause. Der HERR ließ das Kind, das Urias Frau geboren hatte, todkrank werden. David zog sich zurück, um für seinen Sohn zu beten. Er fastete tagelang und schlief nachts auf dem Fußboden. Seine Hofbeamten kamen und versuchten, ihn zum Aufstehen zu bewegen, doch ohne Erfolg. Auch zum Essen ließ er sich nicht überreden. Am siebten Tag starb das Kind. Keiner der Diener wagte es, David mitzuteilen, denn sie befürchteten das Schlimmste. »Schon als das Kind noch lebte, ließ er sich durch nichts aufmuntern«, sagten sie zueinander. »Wie wird er sich erst verhalten, wenn er erfährt, dass es tot ist? Er könnte sich etwas antun!« Doch als David merkte, wie die Hofleute miteinander flüsterten, ahnte er, was geschehen war. »Ist der Junge tot?«, fragte er, und sie antworteten: »Ja, er ist gestorben.« Da stand David auf, wusch sich, pflegte sich mit wohlriechenden Salben und zog frische Kleider an. Dann ging er ins Heiligtum und warf sich nieder, um den HERRN anzubeten. Danach kehrte er in den Palast zurück und ließ sich etwas zu essen bringen. »Wir verstehen dich nicht«, sagten seine Diener, »als das Kind noch lebte, hast du seinetwegen gefastet und geweint. Doch jetzt, wo es gestorben ist, stehst du auf und isst wieder.« David erwiderte: »Solange mein Sohn lebte, habe ich gefastet und geweint, weil ich dachte: Vielleicht hat der HERR Erbarmen mit mir und lässt ihn am Leben. Doch nun ist er gestorben – warum soll ich jetzt noch fasten? Kann ich ihn damit etwa zurückholen? Nein, er kehrt nicht mehr zu mir zurück, ich aber werde eines Tages zu ihm gehen!« (2.Samuel 12,15-23)

 

 

Abschied


 

Gut eine Woche später durfte ich bei der Beerdigung in ihrem Heimatort dabei sein. Ihre Familie, ihre Freunde und ich hatten den Eindruck, das ganze Dorf nahm Abschied von meiner Schwester.

Es war tröstend für mich, zu sehen, wie gut meine Schwester in ihrem Umfeld verwurzelt und vernetzt war.

So viel gute Menschen, die sie liebten und schon jetzt so sehr vermissten.

Sehr dankbar bin ich über den Beistand, für die engsten Angehörigen, der Menschen in diesem schweren Moment.

Meine Schwester war sehr präsent.

In der Wahrnehmung der Menschen war sie einfach da.

Sie packte mit an, hatte vielfach eine Lösung parat und machte vor allem kein Aufsehen darum.

Sie war offensichtlich ein zutiefst demütiger Mensch.

Als Christ denke ich oft, was würde Jesus tun.

Meine Schwester hat nicht lange gefragt, sie hat einfach Gutes getan.

Ich bin stolz auf sie und ich werde versuchen, gerade diese Eigenschaft von ihr zu lernen.

 

Vielleicht sprach Jesus einmal von Menschen wie meine Schwester an dieser Stelle?

»Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, der nimmt Gott selbst auf, der mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt, weil Gott diesen beauftragt hat, der wird auch wie ein Prophet belohnt werden. Und wer einen Menschen aufnimmt, weil dieser nach Gottes Willen lebt, wird denselben Lohn wie dieser empfangen. Wer einen meiner unbedeutendsten Jünger auch nur mit einem Schluck kaltem Wasser erfrischt, weil dieser zu mir gehört, der wird seinen Lohn auf jeden Fall erhalten. Das versichere ich euch!« (Matthäus 10,40-42)

Für mich hatte sie jedenfalls sehr viel mehr als ein Schluck kaltes Wasser gehabt. Und dafür bin ich sehr dankbar.

 

In diesem Sinne, begegnet den Menschen.

 

Ingo

 

 

Anmerkungen und Fragen könnt ihr gern als Kommentar eintragen.

Oder gern auch direkt an mich:

 

 

Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.

 

 

Ingo Tauchert

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