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AutorenbildUlrike

Selber denken – einfach – biblisch

„Hallo alle zusammen, Freunde des Wortes Gottes, Geschwister in Christus…“ – so wollen wir uns sehen. Gleichberechtigt, gleichgesinnt, gleichgestellt in der Freiheit Christi. Das hört  und fühlt sich gut an! Schon meldet sich ein Zwischrufer: „Ja, aber….“

Deshalb soll sie im Gottesdienst eine Kopfbedeckung tragen als Zeichen dafür, dass sie dem Mann untersteht. Auch wegen der Engel, die über Gottes Ordnungen wachen, sollte sie dies tun. (1. Korinther 11,10)

Als junge Gläubige war ich vertraut mit dem Tragen einer Kopfbedeckung bei unseren Zusammenkünften. Die Frage nach dem „Warum“ stellte sich mir anfangs nicht. So stand es ja im Korintherbrief beschrieben. Die, die „ohne“ im Gottesdienst erschienen, machten es aus praktischen Gründen. Allerdings fiel mir schon damals auf, dass die „Kopfbedeckung“ sehr wohl unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen konnte. Vom modischen Accessoire aus allen möglichen Materialen und Farben, vom auffälligen geschmückten Kopfputz über einfache Mützen bis hin zu kleinen Schleiern oder Tüchern war da alles dabei. Englische Besuchergruppen zeigten sich besorgt, dass nicht alle Schwestern eine Kopfbedeckung trugen. Und auch innerhalb der deutschen Community gab und gibt es immer wieder Diskussionen über das „Warum“.

Ist also die Einhaltung einer bestimmten Aussage von Paulus und das erstarrte Festhalten an Traditionen so entscheidend für meine Erlösung?   Eines ist mir klar: Trage ich eine Kopfbedeckung oder nicht, kann nicht heilsentscheidend sein. Vielmehr denke ich, je älter ich werde, es kommt auf meine Einstellung dazu an. Auf meine Haltung und auf das, was ich mit meiner Erkenntnis mache, und wie ich diese im Sinne von: „Bringt die errettende Botschaft in die Welt!“, einsetze.


Darum folgt heute meine Annährung an das Thema: „Muss die Frau im Gottesdienst ihren Kopf bedecken“ – nach den Ausführungen von Pastor Michael Kaizik aus Neumünster, in Anlehnung zu einem Vortrag, der in einer Freien Christengemeinde in Oberhausen gehalten wurde.


Wie schon in meinen beiden letzten Blogs (www.leben-einfach-biblisch.de/post/leben-nicht-immer-einfach-biblisch und www.leben-einfach-biblisch.de/post/still-leben-einfach-biblisch) zeigt eine wörtliche Übersetzung neue Ansatzpunkte zum Nachdenken. Freilich bringt jede Übersetzung aus dem Urtext eine gewisse Interpretation mit  sich. Und gerade deswegen lohnt es sich, immer verschiedene Übersetzungen zu beleuchten. Hier nun die von Pastor Kaizik bevorzugte Übersetzung von 1.Korinther 11,10:

Darum soll die Frau Autorität über ihr (Gebiet des) Haupt(es) haben.

Die Elberfelder Bibelübersetzung ist da sehr nah dran:

Darum soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen.

Das Wort „Macht“, „Autorität“ oder „Vollmacht“, im griechischen „exousia“ hat überhaupt nichts mit einer Kopfbedeckung zu tun. Es bedeutet eigentlich: „Verliehene oder übertragene Gewalt“. Und ich erinnere mich, dass Jesus seinen Jüngern Vollmacht überträgt über die unreinen Geister.

Dann rief Jesus seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Macht, böse Geister auszutreiben und alle Kranken und Leidenden zu heilen. (Matthäus 10,1)

Auch hier steht im griechischen Urtext für Macht das Wort „exousia“. Jesus gab ihnen Vollmacht über sie zu herrschen, nicht um den bösen Geistern untertan zu sein. Also genau das Gegenteil! Übertragen kann das nur heißen, dass die Frau „Vollmacht“ über ihr Haupt hat, nicht über den Mann, als ihrem Haupt, sondern über ihr eigenes.


Warum gibt Paulus in seinem Brief also solch einen „Rat“, wo wir doch alle eins in Christus sind?

Und wieder lohnt es sich, die Umstände der damaligen Gemeinden zu beleuchten und daraus für uns heute Nützliches zu erfahren. Diese bunte Mischung der ersten Gemeinden ist der Schlüssel zum Verständnis dessen, was Paulus in seinen Briefen an die Korinther schreibt. Wir kennen die Fragen der Korinther nicht, nur die Antworten von Paulus und müssen vermuten, was die ersten Gemeinden so umtrieb. Die Sache mit der Kopfbedeckung hat zwei Seiten.  Zum einen gab es die Anordnung aus dem Talmud, die dem männlichen Juden gebot,  sich beim Beten in ein Gebetstuch (Tallith) zu hüllen. Paulus zitiert Anweisungen aus der jüdischen Tradition, nicht aus dem Wort Gottes. Das Gebetstuch symbolisiert die Unterordnung des nicht erlösten Juden. Übrigens galt das nur für Männer, Frauen war es ohnehin nicht erlaubt zu beten. Der Talmud, eine jüdische Auslegung, ist also die Quelle von Geboten und Verboten und der Grund für die Nachfrage der Korinther bei Paulus. Im Alten Testament findet sich keine Anweisung von Gott. Weil aber für die Gläubigen, für die Christenjuden, die Zeit der Erlösung da war, sprich, sie durch Christus nun erlöst waren, brauchten sie kein Zeichen der Unwürdigkeit mehr und Paulus gibt die klare Anweisung:

Ein Mann entehrt Christus, wenn er im Gottesdienst öffentlich betet oder im Auftrag Gottes prophetisch redet und dabei eine Kopfbedeckung trägt. (1. Korinther 11,4)

Die andere Seite: Die jüdische Frau war stets verhüllt. In der Synagoge, wo sie sowieso nicht reden und beten durfte und auch im Alltag. Hat sie sich nun zu ihrem neuen Glauben bekannt, verhüllte sie sich nun nicht mehr, um ihrer inneren Freiheit in Christus Ausdruck zu verleihen. Männer und Frauen sind alle eins in Christus! Die gläubige Christenjüdin hatte nun folgendes Problem. Sie brauchte keine Verhüllung mehr, traf aber in ihrer neuen Gemeinde auf Schwestern, die vor ihrer Bekehrung als Prostituierte arbeiteten. Das äußerliche Zeichen einer Prostituierten war eine unverhüllte rasierte Halbglatze. Das konnte sehr gut missverstanden werden, und sie sah sich mit den Prostituierten in einen Topf geworfen, um schlimmstenfalls von ungläubigen Verwandten geschoren zu werden. Diese geschorenen Frauen hatten keine Haare zur Bedeckung. Deshalb dürfen sie sich bedecken. Alle Frauen hatten Vollmacht über ihr Haupt, um sich zu bedecken oder nicht.

Oder: gläubige Frauen, deren jüdische Männer in ihren Synagogen verhüllt beteten, hatten mit ihren Ehemännern ein Problem, denn nach dem jüdischen Verständnis sollte die Frau stets verhüllt sein.

Um den Frauen diese Konflikte zu ersparen, gibt Paulus ihnen diesen Ratschlag:

Frau, du hast Vollmacht über dein Haupt. Du kannst deinen Schleier behalten, denn es soll deswegen keinen Streit und keinen Anstoß geben. Hast du aber die Möglichkeit ihn abzulegen, dann tue es, denn es geziemt sich für eine gläubige Frau, unverhüllt zu beten.


Und was ist mit den Engeln? „Wegen der Engel…“ steht in Vers 10. Die Engel achten weder auf „Sittsamkeit“, noch schauen irgendwelche Engel nach schönen Frauen, oder was es sonst noch so für menschliche Ideen dazu gibt. Paulus trifft, so stelle ich mir vor, zwei Aussagen:

-          Durch das Tragen des Schleiers zeigt die Frau den Engeln, dass sie noch unter „Verdammnis“ steht und ihre Erlösung noch nicht angenommen hat. Und wenn schon die Engel unverhüllt vor Gott stehen dürfen, wie viel mehr die Frau, die durch das Blut Jesu Christi erlöst wurde. Sie tut kein Unrecht, wenn sie unverhüllt vor Gott betet, denn sie zeigt damit, dass sie eine Tochter Gottes ist.

-          Die Engel halten sich genau an die von Gott gegebenen Ordnungen und das sollen die Frauen genauso machen.


Immer wieder zeigt mir die Beschäftigung mit dem Wort Gottes und vor allem mit dem „Neuen Bund“, dass es kein Richtig oder Falsch gibt, kein Schwarz oder Weiß und schon gar nicht eine Erlösung durch das Einhalten von Regeln, sondern, vielmehr bringen mich meine eigenen individuellen Überlegungen dahin, Christi Erlösungsweg als vollkommen zu sehen, für jeden Menschen zu jeder Zeit annehmbar! Ganz gleich ob Mann oder Frau, ob Prostituierte, Betrüger, Armer oder Reicher, für jeden gibt es einen Erlösungsweg. Das ist faszinierend. Dafür danke ich meinem himmlischen Vater und Jesus Christus seinem Sohn, unserem Erlöser!

Dann ist unwichtig, ob einer Grieche oder Jude ist, beschnitten oder unbeschnitten, ob er aus einem anderen Kulturkreis oder aus einem Nomadenvolk stammt, ob er ein Sklave oder Herr ist. Wichtig ist einzig und allein Christus, der in allen lebt. (Kolosser 3,11)

Eure Ulrike

 

Wenn nicht anders bezeichnet sind die Bibelzitate der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.


Bildquelle: Pixabay von efes.



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