Vor ungefähr zweieinhalb Jahren entdeckte ich eine neue Art des kreativen Bibelmarkierens. Bis dahin war ich zufrieden mit Buntstiften, Lineal und der ein oder anderen erklärenden Landkarte. Meine Bibel entwickelte sich auch zum Sammelort für Sprüche, Kinderbilder, Notizen aus Bibelstunden, getrocknete Pflanzen und Erinnerungsstücke, wie alte Eintrittskarten und so weiter.
Die Antwort, die mein Chaos in Bahnen lenken kann, heißt „Bible Art Journaling“ – frei übersetzt: Bibelseiten kreativ gestalten.
Je nach Geschmack und Verständnis ganz individuell und nach persönlicher Neigung kann ich mich kreativ mit der Bibel beschäftigen. Mal bunt und mit verschiedenen Materialien, Stoff, Papier, Stempeln oder Stickern und was einem sonst noch so einfällt.
Mich fasziniert die Idee, meinen Lieblingsversen ein „Gesicht“ zu geben.
Aber darf man denn die Bibel, Gottes Wort, die heilige Schrift, bemalen, bekleben und beschriften? Ich denke ja! Denn je näher mir der Inhalt ist, umso tiefer die Verbindung zu Gott. Die Beschäftigung mit den Worten lässt Fragen zu, gibt Antworten und es entsteht durch das Geschaffene eine immer wiederkehrende Erinnerung!
Mein Vers, den ich heute „bearbeiten“ möchte, ist aus der Sammlung der Sprüche Salomos:
Alle Weisheit beginnt damit, dass man Ehrfurcht vor dem Herrn hat. Den heiligen Gott kennen, das ist Einsicht! (Sprüche 9,10)
Woher kommt die Weisheit? Eine elementare Frage, die ganze Generationen bis heute beschäftigt. Darüber wurden und werden viele Bücher geschrieben und ich will hier nicht noch eine Abhandlung darüber anfangen. Ganz nach unserem Motto „einfach – biblisch“ versuche ich, meinen persönlichen Ansatz zu beschreiben.
Mein erster Gedanke ist: Jemand ist weise, wenn er ganz viel weiß und auf jede Frage eine Antwort parat hat. Das ist aber nur eine Seite der Weisheit, die ich als klug oder schlau bezeichnen würde. Denn nur viel wissen, hilft mir nicht, mein Leben zu leben.
Welche Weisheit ist nützlich? Wie hilft mir die Einsicht, Gott zu kennen, dabei? Alles Fragen, auf die sich jede und jeder aus seinem Blickwinkel eine Antwort geben kann.
In den letzten Wochen fiel mir immer wieder der folgende Spruch auf. Einmal von Hand geschrieben an Kühlschranktüren, als hübsche Postkarte oder Lesezeichen in der Bibel. Meine Umgebung scheint gerade einen Fokus darauf zu richten.
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Dieser Spruch ist für mich die Ergänzung zur Bibelstelle aus den Sprüchen Salomos.
Mir begegnen ständig „Dinge“, die ich hinnehme, weil ich sie nicht ändern kann. Zum Beispiel muss ich zur Zeit die Hygienevorschriften einhalten: Mund/Nasenschutz tragen, auf Desinfektion achten, Abstand halten. Oder mein Kind wird erwachsen, zieht aus, lebt sein eigenes Leben mit all seinen Konsequenzen. Oder die schwere Krankheit einer Schwester, die unausweichlich zum Tod führt. Oder wenn in den Nachrichten von Krieg und Anschlägen berichtet wird.
Den Mut, Dinge zu ändern, muss ich mir immer wieder erarbeiten. Eine Psychologin sagte mal zu mir: „Sehen Sie Ihre Ängste an, benennen Sie sie, geben Sie zu, dass Sie Angst haben. Dann wird es leichter, einen mutigen Weg aus der Angst zu finden.“ - Wie wahr! Sobald ich mich mit meinen Ängsten befasse, mit der Angst vor Veränderung zum Beispiel oder der Angst davor, nicht perfekt zu sein, werden sie von ganz alleine kleiner. Meist finde ich aus der Fülle der in der Bibel beschriebenen Lebensläufe einen auf meine Situation passenden. Der gibt mir dann den Mut durchs dunkle Tal zu gehen und die Gewissheit, dass Gott mich liebt, auch wenn ich nicht perfekt bin!
Meine Einsicht in Gottes Vorhaben mit mir und der ganzen Erde, also meine Beschäftigung damit, hilft mir, meine Verbindung zu Gott zu stärken. Durch Lesen, Beten, Leben, lerne ich Stück für Stück Gottes Weisheit kennen. Dann bin ich handlungsfähig. Ich kann hinnehmen, was ich nicht ändern kann, weil ich erkenne, was ich nicht ändern kann. Und kann mutig an „Dinge“ herantreten, die sich ändern lassen und mit Gottes Hilfe versuchen, diese zu ändern. Ich kann mich auf Neues einlassen, ohne das Ende zu kennen. Ich kann gelassen das Ergebnis abwarten und damit leben lernen. Ich kann mein Kind loslassen im Vertrauen darauf, dass es, wenn es Probleme hat, zu mir kommt. Ich kann meiner todkranken Schwester ihren Herzenswunsch nach einer Ölung im Sinne der Schrift erfüllen und wenn ich menschenverachtendes Verhalten in meiner Umgebung sehe, mich für Nächstenliebe und Vergebung einsetzen.
Dann wächst auch die Ehrfurcht vor diesem wunderbaren Gott, der alles so weise geschaffen hat. „Ehrfurcht“ hat nichts mit fürchten zu tun, sondern mit dem Erkennen und Anerkennen unseres Schöpfers.
Nun zurück zu meiner „Kreativ – Seite“
Ich möchte den Spruch in meine Bibel bringen. Dazu habe ich mir eine neue Bibel gekauft, die extra für „Bible Art Journaling“ gemacht wurde. Sie hat breite Ränder und die Seiten sind aus dickem Papier, sodass ich auch mit Wasser arbeiten kann, da drückt nichts durch. Meine „Kreativbibel“ sieht bewusst anders aus als meine „Lesebibel“.
Das ist die leere Seite:
Ich gehe so vor. Eine Seite entsteht in Schichten. Der Hintergrund aus hellen, weichen Farben, die sich nicht in den Vordergrund spielen. Dabei darf ich ruhig die Schrift rund um meine Bibelstelle in Vers 10 übermalen.
Die Zwischenschichten gestalte ich hier mit dem Stempel. Und immer alles gut trocknen lassen!
Der Vordergrund ist hier mein Spruch, den ich in Schönschrift neben die Bibelstelle setze.
Nun noch ein paar Buntstiftstriche, die den Stempelabdruck hervorheben sollen.
Fertig!
In diesem Sinne, auf eine gelassene, mutige und weise Woche!
Eure Ulrike
Neugierig geworden? Im Netz findet man unter www.bibleartjournaling.de viele Anregungen und Beispiele
Wer das mal ausprobieren will und noch keine Bibel mit breitem Rand hat, kann sich kostenlos unter https://www.scm-shop.de/bible-art-journaling-keine-angst-vorm-leeren-blatt.html (Bible Art Journaling: Keine Angst vorm Leeren Blatt von Tabea Becker und Rebecca Sawatsky) unter "Extras" Bibelseiten herunterladen und auf dickem Papier ausdrucken.
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